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Elon Musk, Tesla-Gründer und Bauherr des Autowerkes in Grünheide, brach in lautes Lachen aus, nachdem eine Journalistin des Rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg) ihn am 13. August 2021 auf Warnungen des für den Standort zuständigen Wasserverbandes Strausberg-Erkner ansprach, wonach ein Ausbau des Tesla-Werkes ein Risiko für die Wasserversorgung der gesamten Region darstellen würde. Musk antwortete amüsiert: „Diese Region hat so viel Wasser, schauen Sie sich um. Es gibt hier überall Wasser. Sieht es hier für dich etwa aus wie in einer Wüste? Das ist lächerlich. Es regnet so viel.“

Diesen Umgang mit der begrenzten Ressource Wasser empfanden viele Menschen als unangemessen. Dies und der Umstand, dass sich diese Szene im Beisein des damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet ereignete, sorgten für internationale Aufmerksamkeit und eine Beschäftigung mit der Wasserverfügbarkeit in Brandenburg und Berlin.

Wassermangel – kein Zukunftsproblem

Dass es Probleme mit der Wasserverfügbarkeit, gar Wassermangel in der Region gibt, ist tatsächlich nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Kiefernwälder, Seen und grüne Wiesen. Wundert es Sie da, dass Elon Musk die kritischen Nachfragen nicht so richtig ernst nehmen will? Immerhin lebt er in Texas und hat dadurch sehr konkrete Vorstellungen davon, wie eine Region mit Wassermangel und wüsten Landstrichen aussieht. Die Warnungen der Wasserverbände haben jedoch durchaus einen ernsten Hintergrund. Die regionalen Medien berichten seit Jahren und in zunehmender Frequenz über sinkende Grundwasserpegel und zu niedrige Wasserstände in Seen und Flüssen. Nachfolgend beispielhaft einige aktuelle Schlagzeilen des Rbb:

  • „Warum Seen in Brandenburg das Wasser ausgeht“, 16.04.2021
  • „Grundwassermangel lässt die Wasserstände der Seen sinken“, 16.04.2021
  • „Spree darf wegen Wasserknappheit nicht mehr so viel Wasser abgeben“, 10.06.2021
  • „Der neue Kampf ums Wasser – Auf dem Trockenen“, 04.11.2021

Bei dieser Medienberichterstattung handelt es sich nicht um Alarmismus. Die Artikel geben wieder, wovor zuständige staatliche Stellen, wie das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU), das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) oder der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach Auswertung von Klimadaten und Pegelständen warnen.

Seen können verschwinden – Aralsee als Extrembeispiel

kind blickt über einen See - aus dem Artikel - Warum Seen in Berlin und Brandenburg das Wasser ausgeht
Wasserversorgungskonzept bis zum Jahr 2040 – Berlin.de

Ihre erste Assoziation, wenn Sie an austrocknende Seen denken, ist vielleicht der zentralasiatische Aralsee. Der Aralsee war ein großer, abflussloser Salzsee im Grenzgebiet zwischen Kasachstan und Usbekistan. Groß ist dabei untertrieben. Er war mit einer Fläche von 68.000 km² der viertgrößte Binnensee der Welt, bis er in den 1960er Jahren begann auszutrocknen. Das Wasser der Hauptzuflüsse, Amudarja und Syrdarja, wurde seit einer Industrialisierungswelle im Zeitraum von 1930 – 1950 in großem Umfang für die künstliche Bewässerung riesiger Anbauflächen für Baumwolle und andere Agrarprodukte entnommen.

Die Folgen waren katastrophal. Der Wasserstand reduzierte sich kontinuierlich, während gleichzeitig die Salzkonzentration anstieg. Bis Ende der 1970er Jahre wurde der Rückgang als übliche Pegelschwankung angesehen, wodurch die Gelegenheit verpasst wurde, notwendige Maßnahmen zur Abwendung der schlimmsten Folgen einzuleiten. Infolgedessen kam es in den Folgejahren zu einem Rückgang der Wasserfläche um etwa 90 Prozent der ursprünglichen Fläche sowie zu einer Vervierfachung der Salzkonzentration. Ein komplettes Ökosystem und damit auch die wirtschaftliche Grundlage der gesamten Region (Fischerei, Tourismus, Landwirtschaft, verarbeitende Industrie, etc.) sind unwiederbringlich verschwunden. Geblieben ist der Name des Sees, als Bezeichnung für die neuentstandene Wüste „Aralkum“.

Zusammenhang von Seespiegel und Grundwasserpegel

Glücklicherweise sind die Seen in Berlin und Brandenburg weit entfernt vom Schicksal des Aralsees. Dieser Exkurs macht jedoch deutlich, dass es notwendig ist, Warnsignale frühzeitig wahrzunehmen, die Gründe zu erforschen und rechtzeitig mögliche Abhilfemaßnahmen einzuleiten. Was sind also die Gründe für die Wasserknappheit, die dazu führen, dass Fachleute sich um die Seen in Berlin und Brandenburg sorgen?

Die Seen in Brandenburg werden fast ausnahmslos aus Grundwasser gespeist. Sinken die Grundwasserpegel, führt das zu sinkenden Seespiegeln. Laut aktuellen Zahlen des Landesamtes für Umwelt Brandenburg (LfU) weist jeder fünfte See mit kontinuierlicher Pegelmessung starke Rückgänge auf. Der Wasserstand sank dabei, bezogen auf einen Zehnjahreshorizont, im Mittel um zwei Zentimeter pro Jahr.

Klimaveränderungen führen zu sinkenden Grundwasserpegeln

Klimatische Veränderungsprozesse sind eine wesentliche Ursache für die sinkenden Grundwasserspiegel. Studien auf Basis historischer Daten zeigen, dass die Durchschnittstemperaturen seit Jahren ansteigen und die Niederschlagsmenge- und verteilung sich geändert haben. Die Sommer werden trockener und wärmer, die Winter milder und niederschlagsärmer. Für den Grundwasserpegel sind vor allem die ausbleibenden Regen- und Schneefälle im Winterhalbjahr kritisch. Durch die niedrigeren Temperaturen kann mehr Wasser versickern und so das Grundwasser auffüllen. Im Sommer verdunstet ein deutlich größerer Anteil des Regens an der Oberfläche oder in Folge pflanzlicher Stoffwechselprozesse.

Auch die Zunahme der statistischen Häufigkeit von Starkwetterereignissen wirkt sich ungünstig auf die Regeneration des Grundwassers aus. Problematisch sind hierbei nicht nur Hitzewellen und Dürren, sondern auch Starkregen und schnelle Wetterumschwünge. Ausgetrockneter Boden hat nur eine begrenzte Wasseraufnahmefähigkeit. Trifft nun Starkregen auf diesen trockenen Boden, wird lediglich ein geringer Teil versickern können, während der größte Teil über Bäche und Flüsse aus der Region abgeleitet wird. Auch die landwirtschaftlichen Entwässerungsgräben leisten hierzu ihren Beitrag. Viel Niederschlag in Form von Schnee ist dagegen ein Segen für den Grundwasserpegel, da dieser im Frühling langsam abschmilzt und im Boden versickert, ohne den Boden hinsichtlich der Wasseraufnahmefähigkeit zu überfordern. Erfolgt der Wetterumschlag jedoch zu abrupt und die Temperaturen im Frühling steigen zu schnell, bildet sich zu viel Tauwasser auf einmal und auch dieser Niederschlag verlässt die Region über Bäche und Flüsse.

Weniger Angebot, mehr Nachfrage

Die beschriebenen Veränderungen führen auch dazu, dass sich der Vegetationszeitraum verlängert, also derjenige Zeitraum des Jahres, in dem die Pflanzen Photosynthese betreiben, dabei Wasser aus dem Boden entziehen und über Verdunstung an die Luft abgeben. Ein geringeres Wasserangebot trifft somit auf eine größere natürlich Nachfrage. Im konkreten Einzelfall könnte also zwischen dem See und dem ihn umgebenden Kiefernwald eine Konkurrenzsituation um die Grundwasserversorgung entstehen.

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Zusätzlich zum Grundwasserbedarf der Natur kommt natürlich auch noch der „Durst“ der Menschen. In Brandenburg wird etwa 90 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Das ist im Bundesdurchschnitt ein sehr hoher Wert. Zum Vergleich: Das Trinkwasser in Sachsen besteht lediglich zu 32 Prozent aus Grundwasser. Längere und heißere Sommer lassen den Trinkwasserverbrauch ansteigen, beispielsweise aufgrund des Betriebes privater Schwimmbäder und Pools, der Gartenbewässerung oder häufigen Duschens.

Aber auch die Landwirtschaft verlangt ihren Anteil. Landwirte sind immer häufiger dazu gezwungen, ihre angebauten Kulturen aufwändig zu bewässern, um Ernteausfälle aufgrund von Trockenheit zu verringern. Auch die intensive Viehhaltung führt zu hohen Wasserverbräuchen, die durch Grundwasserentnahmen in erheblichem Umfang gedeckt werden müssen.

Die Industrie spielt im Vergleich dazu, zumindest in Brandenburg, eine fast untergeordnete Rolle. Doch auch in diesem Sektor gibt es Großverbraucher, die das Grundwasser punktuell erheblich absinken lassen. Hierzu zählen insbesondere die Kohleindustrie, die chemische Industrie, die Lebensmittelindustrie und Bauindustrie.

Zusammenfassung

Die Seen in Berlin und Brandenburg sind zunehmend Klima-Stress ausgesetzt. Viele der Seen in dieser Region werden durch Grundwasser gespeist. Sinkt der Grundwasserpegel aufgrund direkter oder mittelbarer menschlicher Eingriffe in den Wasserhaushalt, kommt es zu einer Minderversorgung der Seen mit Frischwasser. Infolgedessen sinkt der Wasserstand, abhängig von den im Einzelfall vorherrschenden Bedingungen. Da sich die negativen klimatischen Entwicklungen zukünftig noch verstärken dürften, wird man die Seen in Berlin und Brandenburg vermutlich nicht ohne Einschränkungen bei der Grundwasserentnahme bewahren können. Ob bald Schwimmschalter zum Einsatz kommen, die bei Unterschreibung eines Mindest-Seespiegels den benachbarten Pool- und Gartenbesitzern automatisch das Wasser abstellen, bleibt jedoch fraglich.